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12 Juli

01.08.12  

Zum Tod von Chris Marker schreibt Ekkehard Knörer in der TAZ (LINK): "Wird es einen letzten Brief geben?", ist die Frage, mit der "Sans Soleil" schließt. Wenn es einen gibt, der auch im Jenseits weiterdreht und aus dieser anderen Distanz mit einer anderen Musik über die Kapverdischen Inseln Kassiber zu uns Sterblichen schmuggelt, dann Chris Marker."
Da ich seit dem letzten Freitag nicht mehr Fahrrad gefahren bin, und meine Knie sich so langsam wieder melden, steige ich auf's Fahrrad und fahre auf dem Tempelhofer Flugfeld 10 Kilometer. Da kann man auf einem Riesenbildschirm sogar Olympiade gucken.

02.08.12  

Meine Reise gestern zum "Fünf Seen Film Festival" in Starnberg begann im German Wings-Flügel des alten Schönefelder Flughafens.

Fünzig Euro extra für einen kleinen Koffer, nix Rechtes zu essen, kein Internetempfang und beim Security-Check Leute, die mich im Befehlston der ehemaligen DDR wissen lassen, was ich zu tun habe.

Ob das im künftigen neuen Flughafen auch so sein wird?



Mein Mittagessen und überhaupt mein ganzes Essen bis abends um halb 11 Uhr.

Am Festivalkino in Starnberg begrüßt mich Sabine Bach. Sie ist meine Moderatorin und hat den Film schon um 1 Uhr gesehen. Sie versöhnt mich mit all den Unanehmlichkeiten der Anreise.

03.08.12   Gestern war mein Tag sehr viel erfreulicher. Vom Frühstück im Hotel Kaiserin Elisabeth in Feldafing bis zum Publikumsgespräch für "INS BLAUE" in Seefeldt.

Das Hotel

Frühstück

Ein kleiner Roboter sorgt für einen immer wunderbar gemähten Rasen. Ich weiß, dass es das gibt, habe es aber noch nie gesehen. Vielleicht brauche ich für meinen Bauernhof demnächst so was Ähnliches.

Im Hotelgarten ein Denkmal für Kaiserin Elisabeth.

Vom Balkon meines Zimmers ein Blick auf die Alpen.

Bevor ich um 11 Uhr zur Vorführung und Diskussion zu "ROTE SONNE" fahre, will ich den See sehen. Nicht nur aus der Fernde, sondern ganz nah und das Wasser berühren. Das ist ein langer und steiler Weg durch unendlich viele Golfplätze, die hier seit 1969 entstanden sind.

Der Weg ist nicht ungefährlich.

Der See! Ein paar hundert Meter weiter von hier habe ich 1969 die Schlussszene und eine Szene am Anfang von "ROTE SONNE" gedreht. Da ist Marquard Bohm mit einem VW-Käfer in den See gefahren (ein bisschen wie Jean-Paul Belmondo in "Pierrot le Fou"), aber Marquard Bohm hat die Tür aufgemacht, und die Wassertemperatur getestet. Das ist der Unterschied.

Nach dem Q&A zu "ROTE SONNE" - ein Gespräch das immer mehr von mir forderte, dass ich die Probleme zwischen Männern und Frauen im Film damals hätte lösen sollen - ein Mittagessen mit Sabine Bach und Matthias Helwig, der der Chef des Festivals ist. Danach bin ich ziemlich betrunken und werde in ein Filmkunstkino (ok, ok das heißt jetzt "Arthouse") in Seefeldt gefahren. Ich rechne da mit drei oder vier Zuschauern, aber es sind sehr viel mehr. Und das Kino ist unglaublich schön. In Berlin gibt es nur wenige Kinos, die es mit diesem aufnehmen können. An Flair und an Projektionsqualität.

Ich spreche eineinhalb Stunden, solange "INS BLAUE" läuft, mit Lina Winkler, der Leiterin des Kinos und jetzt meine Moderatorin, über technische und finanzielle Details. Zum Beispiel: Seefeldt hat 5.000 Einwohner und ein Film wie "Barbara" hatte hier in diesem Kino so um die 700 Zuschauer. Mich stimmt das optimistisch für die Zukunft des Kinos. Vermutlich müssen die Großstadtkinos von Landkinos wie diesem in Zukunft etwas lernen. Technisch, was die digitale Projektion angeht, ist das Kino in Seefeldt in beiden Häusern up to date. Ich frage Lina Winkler nach vielen Problemen, die sie inzwischen bei der digitalen Projektion kennengelernt hat - und weiß danach wirklich mehr.
04.08.12   Meine Rückreise vom "Fünf Seen Festival", die um 6 Uhr in der Frühe begann, war eine einzige Katastrophe. Sie endete schließlich damit, dass ich um 17 Uhr wieder in Berlin war. Nicht mit dem Flieger, sondern mit der guten alten Eisebahn. Morgen früh beschreibe ich das, was mir passiert ist, genauer.
05.08.12   Ich war eine Stunde vor dem geplanten Abflug auf meinem "Lieblingsflughafen" München, habe eingecheckt, meinen kleinen roten Koffer abgegeben (wegen der "Flüssigkeiten" (Zahnpasta, Rasierschaum geht das ja heutzutage nicht anders). Am Gate von German Wings angekommen, sehe ich auf der Anzeigetafel, dass sich der Abflug um eine halbe Stunde vezögern wird, setze mich an einen Tisch, beantworte emails. Dann kommt ein Aufruf, der Flug sei annuliert und man möge sich bei German Wings melden und das aufgegebene Gepäck wieder abholen. Kein Hinweis, wo das möglich ist und wie es weiter geht. Ich gehe also wieder raus aus der Abflugzone, um meinen Koffer zu holen. Die Check-In-Schalter sind inzwischen nicht mehr besetzt. An den drei geöffneten German Wings-Schaltern gegenüber stehen ca. 200 Passagiere. Ich frage eine der German Wings-Mitarbeiterinnen, wie ich mein Gepäck wiederkriege und wann die nächste Maschine fliegt. Die erste Frage kann sie beantworten (ich muss zurück durch den Security-Check in die Ankunftshalle), die zweite nicht (man versuche sein Bestes, aber es gäbe nur wenige Plätze in den nächsten Maschinen).
Am Security-Check finde ich meine Bordkarte nicht mehr. Ohne Bordkarte komme ich aber nicht rein. Eine Frau beim Secirty-Check erkennt mich, ein sehr freundlicher Chef beim Security-Check kommt dazu, durchsucht mit mir meine Tasche. Vergeblich, er lässt mich dann aber schließlich rein. Ich finde nach einigem Fragen die Halle, wo das Gepäck der German Wings-Maschine ankommen soll (der Weg dahin ist nicht ausgeschildert, weil dieser Fall nicht vorgesehen ist). Aber keinerlei Gepäck ist inzwischen da. Ich setze mich auf eine Bank, versuche online herauszufinden, ob im Berliner Flughafen eine Katastrophe passiert ist, sehe aber, dass dort Maschinen landen. In diesem Moment setzen sich die Gepäckbänder in Bewegung und mein roter Koffer ist dabei. Glücklich und mit Koffer marschiere ich durch mehrere Flughafenabteilungen bis zum Schalter von Air Berlin und frage, wann der nächste Flug geht und ob noch ein Platz frei ist. Die Angestellte am Schalter sagt mir, der nächste Abflug nach Berlin sei in einer Stunde. Ich frage, wieviel der Flug kostet. Sie sagt 498 Euro und es müsse bar bezahlt werden. Ich sage ihr, dass sind Gangstermethoden und entschließe mich für eine Bahnfahrt. Da das Taxi vom Flughafen zum Hauptbahnhof 65 Euro kostet, will ich mit der S-Bahn fahren. Aber am Zugang zu S-Bahn steht eine Polizistin und sagt mir. Der Zugang ist wegen einer "Polizeimaßnahme" momentan gesperrt und dass kein Zugverkehr stattfindet. Ich könne ja den Lufthansa-Bus nehmen. Jetzt habe ich plötzlich Glück. Der abfahrbereite Bus steht vor der Flughafenhalle. Er kostet nur 10,50 Euro und eine halbe Stunde später bin ich am Hauptbahnhof. Da habe ich schon wieder Glück. Der nächste ICE nach Berlin fährt in 15 Minuten und ich muss auch nur einmal in Göttingen umsteigen. Auch die 1. Klasse im ICE ist fast bis auf den letzten Platz voll. Immerhin finde ich einen freien Platz bis Nürnberg. Danach setze ich mich in den Speisewagen und versuche, so gut es geht, das Leben bei Rotwein und Gulasch zu genießen.
Um 16.30 Uhr bin ich in Berlin und schwöre, nie wieder fliege ich mit German Wings!


06.08.12  

Ich entdecke eine wenig erfreuliche Kritik vom Starnberger Festival (LINK). Die ist dabei, mir den ganzen Tag auf dem Bauernhof zu versauen, und ich steige auf's Fahrrad, und fahre auf Wegen, wo ich noch nie mit dem Fahrrad gefahren bin. Ich versuche beim Fahren mich mit dem Gedanken zu trösten, dass dieser Kritikerin auch jeder Film von Hong Sang-soo (und vielen anderen Regisseuren, die ich liebe) nicht gefallen hätte.

Bis auf die Mais- und Kartoffelfelder sind alle Ackerflächen abgeerntet.

Alle Bauern hier haben Riesenmaschinen, mit den sie diese Strohrollen produzieren.

Ich klettere auf diesen Hochsitz an zwei inzwischen zugewachsenen Teichen. Vor 6 oder 7 Jahren war da noch Wasser zu sehen.

In dem Schilfdickicht hat Herbert Fritsch 1997 für "TIGERSTREIFENBABY WARTET AUF TARZAN" eine Schlange gefunden, die er dann zum Entsetzen der Zuschauer im Berlinale-Forum mit lebenden Mäusen gefüttert hat.

Vom Hochsitz aus ist mein Fahrrad mit der neu gekauften Satteltasche winzig klein.
Nach meiner Fahrrad-Tour wird der Himmel immer düsterer und es wird drückend schwül. Immerhin passt das zu meiner Stimmung.
Bei meiner Einladung zur Pressevorstellung von "INS BLAUE" habe ich vergessen, das Datum draufzuschreiben. Ein Freund macht mich darauf aufmerksam, und ich versende die Einladungs-email mit Datum ein zweites Mal.
Diese Kritik in Blickpunkt Film (LINK) zu "INS BLAUE" versöhnt mich wieder etwas mit der deutschen Fimkritik.

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass der Sommer schon zuende geht. Meine Silberdistel sieht auch etwas gebeugt aus. Deshalb kriegt sie jetzt ein Feuerbegräbnis.

07.08.12   Max Zihlmann, dessen Drehbuch "DER EREMIT" ich verfilmen will, hat sich eine DVD von "DAS ROTE ZIMMER" angeschaut und mir dazu geschrieben: "Ich habe mir jetzt zweimal "Das rote Zimmer" angesehen. Ich hatte ja so meine Befürchtungen, von wegen "Kussforscher", aber du gehst das ja wirklich absolut wissenschaftlich an. Was ist es? Eine Männerphantasie? Eine Utopie? Zwar wird in dem Film auch geangelt - aber mit Hawks hat das eigentlich wenig zu tun (bei dem sind die Frauen eher verhinderte Männer). Deine beiden Schauspielerinnen sind ja echt wunderbar, sie halten das alles, was auch schief hätte gehen können, in der Schwebe - wie zwei Seiltänzerinnen über dem Abgrund (um poetisch zu werden). Die hatten sichtlich ihren Spaß, und natürlich sind sie Wesen von einem anderen Stern. Ich musste an "Galaxis" und "Stella" denken (aber vermutlich gibt es noch andere Referenzen in deinem Werk). Wenn man den Schauspielern nicht diesen schrecklichen Fernsehrealismus aufzwingt und ihnen die Freiheit lässt, geschehen diese kleinen darstellerischen Wunder. Deine Liebe zum Zelebrieren des Alltäglichen. Da kommt das eine zum anderen, unaufgeregt und auch komisch, das hat einen seltsamen Zauber. "Charmant", wie Eichinger sagen würde. Ich fand's auch recht erotisch - gerade auch, weil keine Fickszenen vorkommen. Die Kamera - die Einstellung, die Farben, die Klarheit der Bilder - das alles hat mir gut gefallen, sehr französisch (oder japanisch?) - so stelle ich mir auch die visuelle Seite des "Eremiten" vor. Die "Venus" gegen Ende hätte ich weggelassen - aber okay, das Ganze ist ohnehin ein Traum, und am Schluss hebt das Trio in die Wolken ab - oder stürzen sie auf der anderen Seite ins Meer?"
08.08.12   Meine Tochter Joya hat jetzt eine Facebook-Seite für "INS BLAUE" (LINK) eingerichtet.
09.08.12   Heute werden die Drehbücher von Max Zihlmanns "DER EREMIT" für die Einreichung beim BKM fertig.

10.08.12   Das Haus, in dem ich wohne, ist seit heute wegen des Dachausbaus von allen Seiten eingerüstet.



Und mein kleiner Vorgarten sieht geradezu verwüstet aus, weil auch da Baugerüste aufgestellt wurden.
12.08.12  


Beim Fahrradfahren auf dem Tempelhofer Flugfeld. In London beginnt der Start zum Marathomlauf.

Vor dem Bildschirm.

Gecekondu ist eine illegale Siedlung am Rand türkischer Großstädte.

100 kleine Gärten.

14.08.12   Im Delphi-Kino läuft die Pressevorführung von "INS BLAUE". Ich wollte zum Anfang da sein, habe das aber nicht mehr geschafft. Viele Berliner Journalisten, die ich dazu eingeladen hatte, sind leider nicht gekommen. Ich werde ihnen DVD's schicken müssen.

Ernste Geschäfte.

Auf dem Kurfürstendamm heute.

Wenn die schwarze Wand verschwunden ist, wird da ein Applegeschäft sein. Früher hätte mich das glücklich gemacht. Jetzt denke ich nur daran, dass da einmal ein Kino war.

Am Abend sind mir die Zigaretten ausgegangen, und beim Zigarettenholen entdecke ich diese Grillparty der Bauarbeiter. Das versöhnt mich mit all dem Lärm, den sie bevorzugt morgens um 7 Uhr machen.
15.08.12   Das Bayerische Fernsehen interviewt mich zusammen mit Adriana Altaras für ein TV-Porträt über sie. Wir schauen uns den Anfang und dann die Liebesszene aus "DAS MIKROSKOP" an. Ich habe das Gefühl, die Zeit sei stehengeblieben.



Diese Flasche Rotwein überreicht sie mir an der Wohnungstüre, während das Fernsehen uns beide dabei filmt.
16.08.12   Der Wein von Adriana Altaras hat gut geschmeckt. Ich kann eine Flasche Rotwein nicht einfach so stehen lassen. Jetzt bin ich wieder auf dem Bauernhof und wässere meine Pflanzen, denn hier hat es seit 2 Wochen nicht mehr geregnet.

Auch ohne Wasser wachsen die Tomaten wie verrückt.

Die Zwetschgen sind fast reif.

Die Pfirsiche auch.
Am Abend erscheint eine neue Kritik auf "Kino Kino" von Louis Vazquez über "INS BLAUE" (LINK)
17.08.12   Aus der "Kino Kino"-Kritik: "Alice Dwyer und der im Januar verstorbene Vadim Glowna liefern schauspielerische Glanzleistungen ab und präsentieren vielschichtige, überraschende Figuren. Aber auch Elisabeth-Marie Leistikow spielt herausragend in einigen fordernden Szenen."

Junge Schwalben sitzen morgens auf der Stromleitung und putzen sich.
18.08.12  


Die ersten Sonnenstrahlen auf dem Haus auf der anderen Seite des Dorfsees.

Nach 3 Wochen mal wieder zum Körbaer See.

Am Nachmittag entschließe ich mich, den Haselnussstrauch, der noch nie Haselnüsse getragen hat, und der meine beiden 20 Jahre alten Buchsbäume beim Wachsen behindert, abzuschneiden.



Jetzt können die beiden Buxe wieder ungehindert wachsen.

Danach schneide ich das Gras, und ein Pfefferminzansammlung am Teichrand mit der Motorsense. Wenn wir morgen früh im Teich schwimmen, wird das sozusagen ein Kräuterbad.

19.08.12  
Die Temperatur in meinem Gartenteich ist 18 Grad. Ich vermute, weil er in der Mittagshitze im Schatten einer Eiche liegt.
20.08.12  
Mein Außenthermometer heute (zur gleichen Zeit wie gestern aufgenommen): knapp 37 Grad. Vor 3 Jahren, heute, war der Kinostart von "PINK". Damals waren es nur 30 Grad - und in der Kurbel, wo ich mit Hannah Herzsprung ein Publikumsgespräch gemacht habe, saßen 12 Zuschauer. Das Kino hat inzwischen zugemacht. Wie gut, dass ich den Kinostart von "INS BLAUE" auf den 30. August gelegt habe. "wetter.com" sagt für diesen Tag eine Höchsttemperatur von 21 Grad voraus. Allerdings werden gleichzeitig 13 andere Filme gestartet. Das Kinosystem steht kurz vor dem Kollaps. Wenn das so weiter geht, auch wegen der Kino-Digitalisierung, werden nur noch Filme mit über 500 Digitalkopien im Kino eine Chance haben, gesehen zu werden.

Auch am Abend hat es immer noch über 30 Grad. Das Schwimmen im Gartenteich macht Spaß.

Es wird schon jetzt ein bisschen Herbst. Die Blätter der Birken werden gelb. Es weht ein starker Wind. Ein Freund ruft mich an und sagt mir, dass es in Berlin geregnet hat. Hier vom Regen keine Spur. Ich wässere eine Stunde lang alle meine Pflanzen und beschließe, zwei Walnussbäume, die wild gewachsen sind, in Zukunft weiter wachsen zu lassen. Das ist ein absolutes Zukunftsprojekt. Wer weiß, ob ich noch erlebe, wenn sie anfangen, Walnüsse zu tragen.
21.08.12  
Es ist nicht mehr ganz so heiß heute - nur 30 Grad. Ich nehme Abschied vom Bauernhof, denn bald ist der Kinostart von "INS BLAUE".
22.08.12  
Berlin begrüßt mich mit einer doch sehr freundlichen Kritik im "Zitty" von Theresa Schomburg (LINK) über "INS BLAUE".
23.08.12  

So schön wie der Tag gestern begonnen hat, ist es nicht weitergegangen. Eine schreckliche Kritik, die mich am Abend per email erreichte, hat mir eine ziemlich schlaflose Nacht bereitet und mich wieder mal an die Reaktion der deutschen Kritiker 1980 auf den Hofer Filmtagen bei "BERLIN CHAMISSOPLATZ" erinnert. Kein einziger der auf der Pressekonferenz am Tag danach versammelten Filmkritiker, fand auch nur irgendetwas gut an diesem Film. Bis Hans-Christoph Blumenberg einen Monat später in der "Zeit" feststellte, dass es sich hier um ein Meisterwerk handele.
Mir ist klar, dass nicht alle Kritiker "INS BLAUE" lieben werden, aber diese Kritik von gestern Abend markiert doch einen gewissen Höhepunkt. Nur ein paar Texbrocken muss ich einfach zitieren: "dieses eskapistisch überzeichnete Märchen für ewig jung gebliebene 1968er…Überdosis Berliner Branchenfolklore…humorige Petitessen des Drehalltags, untermalt mit einer unerträglich auf Scherz gebürsteten Musik, die dem Film zunehmend eine seltsam infantile Note verpassen" und dann als Fazit "Zu viel Leichtigkeit kann auch mal bleiern aufstoßen."
Da ich nicht mit einer Pistole herumlaufen und bösartige Kritiker erschießen kann, bleibt mir nur mein Moana-Tagebuch, um mich zu wehren. Außerdem käme ich ins Gefängnis, und könnte von da aus keine neuen Filme mehr drehen.

24.08.12   Im Kulturmagazin des rbb-Fernsehens Stilbruch (LINK) ein Interview mit Alice Dwyer zu "INS BLAUE": "ein komplexes Sommerliebesmärchen! Erzählt mit viel Ironie," heißt es da.
Und in der Kölner Stadtrevue schreibt Olaf Möller: "Rudolf Thomes Film ist ein ausnehmend apart-sperriges, dabei immer wieder tröstliches Meisterwerk in Moll mit einem wie immer grandiosen Vadim Glowna in seiner letzten Kinorolle."
25.08.12   Meine zehn besten Filme aller Zeiten auf der Website von Sight and Sound (LINK).
26.08.12   In der FAZ am Sonntag schreibt Peter Körte über 4 Filme, die am 30. August anlaufen, darunter der neue Woody Allen. Über "INS BLAUE" schreibt er: "Thome, inzwischen auch schon 72, lässt in seinem achtundzwanzigsten Film Kunst, Kino, Leben ineinanderlaufen wie Wasserfarben auf einem Blatt Papier. Das ergibt eine unreine Mischung, zwischen der Rahmenhandlung und dem Film-im-Film, der auch "Ins Blaue" heißt und in dem drei junge Frauen im VW-Bus durch Italien reisen - und ein seltsamer, trauriger Zufall führt dann auch noch in die Wirklichkeit jenseits der Leinwand."
Am Nachmittag bin ich bei einem Essen bei einem Soziologie-Professor - weit weit draußen im Osten von Berlin. Dort treffe ich Usch Schmitz, die zusammen mit Kraft Wetzel das spirituelle Kino & Café am Ufer in Berlin leitet.
Kraft Wetzel hat 1973 in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift "Kino" eine Definition des Thomefilms gewagt: "ein Autorenfilmer drückt sich aus durch das, was er im Film aussagt, Thome durch die Art, wie er mit seinem Medium umgeht. Ein Autorenfilmer benutzt das Medium als Vehikel, will etwas vermitteln, hat etwas zu sagen, nimmt sich wichtig; ein Thomefilm ist Zweck in sich selbst, ist ein Stück Kino, ist. Ein Thomefilm ist wie ein VW oder ein Kaugummi; wer ihn gemacht hat, ist unwichtig, Hauptsache man hat seine Freude daran."
Ich denke, dass das auch heute, 23 Filme später, richtig ist.

Der Blick vom Haus des Soziologie-Professors. Kurz danach hat es angefangen zu regnen.

Auf dem Nachhauseweg in der Schönhauser Allee. Im Prater war ich einmal in meinem Leben, 1997, weil Herbert Fritsch da eine absolut wahnsinnige One-Man-Show gemacht hat. Kurz vor den Dreharbeiten von "JUST MARRIED" und "TIGERSTREIFENBABY WARTET AUF TARZAN".

Am U-Bahnhof Berlin-Mitte ein langer Gang von der U2 zur U6. Da war ich noch nie.
27.08.12   Das Drehbuch von "DER EREMIT" ist jetzt auf dem Weg zum BKM. Am 30. November werde ich wissen, ob ich dafür Förderung kriege oder nicht.
28.08.12  

Mein Leben ist ein ständiges Auf und Ab. Positive Kritiken wechseln sich mit negativen Kritiken immer wieder ab. Ich bin das ja gwohnt. Nur bei "DAS ROTE ZIMMER" war es anders.
Gestern Abend kam meine Freundin zu mir: Mein Computer geht nicht mehr. Er stürzt dauernd ab. Ich habe dann versucht, ihn wieder hinzukriegen. Bis Mitternacht. Danach war alles nur noch schlimmer. Da das System mehrere Schriftenkonflikte meldete, hatte ich ein paar Schriften gelöscht. Aber das waren Systemschriften und der Bildschirm zeigte danach nur noch unleserlichen Buchstabensalat. Ich gab auf und ging ins Bett. Aber an Schlaf war nicht zu denken. Plötzlich wusste ich, wie ich wenigstens den Buchstabensalat wegkriegen kann. Dann war es 1 Uhr. Nach drei Stunden Schlaf voller Computerträume, mache ich weiter, denn mir war eingefallen, wie ich die wichtigsten Daten retten kann. Das ist allerdings ein mühsamer Job, da gut 20% der Dateien korrupt sind, und ich jede einzeln auf einer externen Festplatte in Sicherheit bringen muss. Jetzt ist meine Freundin zurück nach Kairo geflogen, und ich arbeite immer noch an ihrem Computer.
Ein Freund mailt mir Ausschnitte aus einer Kritik von Claudia Lenssen in epd-Film: "Seit mehr als vier Jahrzehnten gelingt es Rudolf Thome, sein Genre der beiläufig erzählten Komödien ins Kino zu bringen. Verlässlich spinnen seine Filme immer neue Varianten seiner Lieblingsthemen aus…Pointen, Stimmungen, verführerische Leichtigkeit tragen INS BLAUE; eine gradlinige Story würde da nur stören... Bernadette Paaßens lichtdurchflutete ruhige Totalen spenden dem Abenteuer Glanz. Selbst letzte Dinge werden in solch lässiger Atmosphäre wie Smalltalk erörtert. Warum hat der Mönch kein Handy? Weil man mit Gott nicht telefonieren kann. Ist Gott tot? Nein, er ist alles, in uns und überall." - 4 von 5 Punkten gibt sie mir. Ich gebe ihr für ihre Kritik 5 Punkte. Weil sie die Ironie des Films verstanden hat.

29.08.12  

Auch heute nochmal eine freundliche Kritik zu "INS BLAUE" auf Perlentaucher: "Dass "Ins Blaue" trotzdem schöner und besser aussieht als das allermeiste, was hier gegenwärtig im Kino vorkommt, liegt am sozusagen klassizistischen Verständnis der Inszenierung für die Mittel des Kinematografischen. Thome und die Bildgestalterin Bernadette Paaßen schöpfen nach wie vor aus dem Vollen des cinéphilen Kino-Erbes, wenn wie bei Howard Hawks immer mehrere Figuren im Bild sprechend handeln, natürliches Licht an sogenannten Original-Schauplätzen sogar die Pixel der RED-Kamera neo-realistisch auratisiert, der Schnitt (Béatrice Babin) die Zeit entmächtigt. Man wird von keiner Psychologie genervt, nicht von überflüssigen Großaufnahmen terrorisiert und bleibt von jeder neo-biedermeierlichen Moralität verschont."
Maximilian Linz
Am Morgen mache ich ein Video-Interview für deas Online-Magazin "Kunst und Film" mit Oliver Heilwagen, das schon morgen auf Vimeo und YouTube online gestellt wird. Am Nachmittag arbeite ich weiter an der Datensicherung des Computers meiner Freundin.

30.08.12  
Die Kritik in der "BERLINER ZEITUNG". In den anderen Zeitungen steht nichts. Wenigstens das Wetter ist auf meiner Seite.

Mein Interview von gestern ist jetzt online:

Und hier nochmal mein Interview während der Drehzeit auf der Terrasse von Abrahams Haus:

Und auch nochmal das Interview mit Vadim Glowna:

Gestern Nacht bin ich im Fernsehen aus Versehen auf die 10. Episode "Im Angesicht des Verbrechens" von Dominik Graf geraten, habe etwas genauer hingeschaut und dann gedacht, ich müsste ihn mir mal ganz in Ruhe anschauen, um zu lernen, wie man das Kino des 21. Jahrhunderts macht.
31.08.12   Gestern Abend in der Tilsiter-Lichtspielen mein erstes Berliner Publikumsgespräch. Ich sag's mal so, es war nicht so voll wie vor eineinhalb Jahren bei "DAS ROTE ZIMMER", denn da war das Kino ausverkauft.

Vor dem Publikumsgespräch spreche ich mit W. Kladow, einem der Betreiber des Kinos, darüber warum heute weniger Leute im Kino sind als im letzten Jahr. Das Foto hat Nicoletta Drossa gemacht, die Produktionsleiterin von "INS BLAUE". Ich freue mich total, sie nach so langer Zeit wiederzusehen.

Nach dem Publikumsgespräch, das mir gefallen hat, weil mehrere Kinobesucher wirklich etwas wissen wollten und nicht einfach irgendwelche Fragen gestellt haben.

Meine Tochter Joya, die ein paar Freunde mit ins Kino geschleppt hat.
In der "Welt-Online" ein Interview mit Elisabeth-Marie Leistikow, die die Rolle der Laura (LINK) spielt.
   
Unter diesem Link ist die fehlerbereinigte Kritik von Claudia Lenssen in epd-Film zu finden.

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